Lübeck hat viel zu bieten. Neben weltweit populären Attraktionen wie dem Holstentor oder den Buddenbrooks ist die Stadt seit ein paar Jahren in der nördlichen Altstadt um eine Sehenswürdigkeit reicher:
Europäisches Hansemuseum
Das Europäische Hansemuseum machte 2015 An der Untertrave 1 für Besucher seine Pforten auf. Hauptsächlich dreht sich das Museum um die Geschichte der Hanse. Dementsprechend wird zu diesem Themenkomplex auch eine Dauerausstellung angeboten. Wer diese besucht, unternimmt einen zeitlichen Rundgang durch die verschiedenen Entwicklungsstufen des europäischen Handelsverbunds, erlebt seine Anfänge, seine Blütezeit und seinen Niedergang. Zudem werden im Museum immer wieder andere, temporär befristete Ausstellungen rund um das Mittelalter angeboten.
Größe der Museumsanlage
Die Ausstellungsfläche des Europäischen Hansemuseums umfasst rund 3500 m² . Dort wo nun das Europäische Hansemuseum Einzug gefunden hat, standen einst ein Luftschutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg und ein Seemannsheim.
Burgkloster Teil des UNESCO-Weltkulturerbes
Unweit des Museumsneubaus befindet sich das alte Burgkloster, welches Teil der musealen Landschaft ist und ebenfalls erkundet werden kann. Das Burgkloster diente von 1229 bis 1531 als Sitz eines Dominikanerordens. Nach der Reformation fungierte es zunächst als Armenhaus und ab Ende des 19. Jahrhunderts als Gerichtsgebäude mit angeschlossenem Untersuchungsgefängnis. Seit 1987 ist es Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Im Zuge der Errichtung des Europäischen Hansemuseums wurde das im Beichthaus des Burgklosters von 2005 bis 2011 bestehende Archäologische Museum aufgelöst.
Wer nicht An der Untertrave 1 in das Museum einkehren will, kann dies auch von Hinter der Burg oder von der Großen Burgstraße aus tun. Der Zugang zum Museum erfolgt über die Mitte der großen Treppe, die An der Untertrave beginnt und fortlaufend nach oben zum höher gelegenen Burgkloster führt.
Bauzeit des Europäischen Hansemuseums
Im Juli 2010 beschloss die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck, den Bau des Europäischen Hansemuseums. Die Bauarbeiten erstreckten sich von Januar 2012 bis Mai 2015. Zwischenzeitlich kam es immer wieder zu Verschiebungen der prognostizierten Fertigstellungstermine. Unter anderem deshalb, weil es während des Baus zu einmaligen archäologischen Funden kam, die der Architekt des Museums später in das Museum integrieren ließ.
45 Millionen kostet der Bau des Europäischen Hansemuseums
Das ursprüngliche Budget umfasste 27 Mio. Euro. Letztendlich schlug der Bau jedoch mit 45 Mio. Euro zu Buche. Den größten Anteil der Kosten übernahm die Lübecker Possehl-Stiftung, z.B. die Kosten für den Grundstückskauf die Umbauten der Straßen vor dem Museum sowie nicht durch Einnahmen gedeckte Kosten. Die restlichen Kosten trug das Land Schleswig-Holstein mit dem Zukunftsprogramm Wirtschaft der Europäischen Union, Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).
Der Bau des Europäischen Hansemuseums wurde unter anderem sehr großzügig durch die Possehl-Stiftung gefördert. Die Stadt hat das Grundstück zur Verfügung gestellt. Das Europäische Hansemuseum finanziert sich als gemeinnützige GmbH aus zu einem großen Teil aus eigenen Einnahmen (Eintrittskarten und Shop-Erlöse). Für die Instandhaltung des zum Museum gehörenden und denkmalgeschützen Burgklosters erhält das Europäische Hansemuseum einen Betriebskostenzuschuss von der Stadt.
Geplant und gebaut wurde das Museum durch den Architekten Andreas Heller. Die wissenschaftliche Konzeption der Ausstellung übernahm der Hanseforscher Prof. Rolf Hammel-Kiesow. Während der normale Museumsbetrieb am 30.05.2015 aufgenommen wurde, erfolgte die offizielle Eröffnung bereits am 27.05.2015 durch Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Öffnungszeiten und Preise
Das Europäische Hansemuseum ist jeden Tag von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Lediglich am 24. Dezember bleibt das Haus geschlossen. Derzeit gelten für das Museum die folgenden Eintrittspreise (alle Angaben ohne Gewähr!):
Die Hanse (ganzes Museumsareal, inkl. Burgkloster und Hanselabor)
- Erwachsene: 13 €
- ermäßigt: 10 €
- Behinderte ab 50%: 6,50 €
- Kinder (6 – 16): 7,50 €
- Familienticket klein: 19 €
- Familienticket groß: 32 €
- Lübeck Card-Inhaber: 6,50 €
Nur Burgkloster und Hanselabor
- Erwachsene: 7 €
- ermäßigt: 3,50 €
- Behinderte ab 50%: 3,50 €
- Kinder (6 – 16): 2,50 €
- Familienticket klein: 8 €
- Familienticket groß: 15 €
- Lübeck Card-Inhaber: 3,50 €
Freier Eintritt für:
- Kinder unter 6 Jahre
- Geburtstagskinder (unter Vorlage des Ausweises)
- Begleitpersonen von Menschen mit Behinderung ab 50% sowie dem Merkzeichen „B“ im Schwerbehindertenausweis
Die aktuell gültigen Eintrittspreise sowie weitere Informationen, erhaltet ihr auf der offiziellen Website des Museums.
Besucherzahlen und Meinungen zum Museum
Durchforstet man das Internet, stößt man auf interessante Fakten und Meinung zum Museum. Das Interesse am Museum ist groß. Im Jahr 2017 wurden rund 114.000 Besucher gezählt. Die Reaktionen auf den Museumsbesuch sind dabei vielfältig:
- Manche empfinden die Dauerausstellung als zu düster gehalten und bescheinigen ihr einen geradezu unheimlichen Charakter.
- Andere meinen, dass der Rundgang durch die Geschichte der Hanse zwar nicht mit Fakten geize, dieser aber keinen geschlossenen Charakter hätte, da sich nur auf bestimmte Ereignisse bzw. Orte fokussiert werde. Die finalen Stationen der Ausstellung würden beispielsweise nicht die konkreten Ursachen und Zusammenhänge des Scheiterns der Hanse aufzeigen. Allerdings zeigt man hierfür auch Verständnis, da die wissenschaftliche Forschung generell noch nicht damit abgeschlossen habe, dieses spezielle Themenfeld aufzuarbeiten.
Das Europäische Hansemuseums ist multimedial
Was die meisten Besucher hingegen zu begeistern scheint, sind die Bereiche, in denen Szenerien von damals aufwändig nachgestellt werden. Diese Erlebnisareale hinterlassen aufgrund ihrer vielfachen multimedialen Unterfütterung (durch interaktive Text- und Bildtafeln sowie Audiomaterialien) offenbar bei vielen Gästen einen bleibenden positiven Eindruck. Beeindruckt zeigen sich viele Besucher auch von der Grabungsstätte, mit welcher der Rundgang durchs Museum beginnt.
Eintrittskarten mit dem besonderen Etwas
So viel zu den Fakten und Meinungen zum Europäischen Hansemuseums. Wenn ihr das Haus selbst besuchen möchtet, könnt ihr das jederzeit zu den oben genannten Öffnungszeiten tun. Ihr werdet staunen, was euch auf eurem Rundgang durch das Museum alles begegnen wird.
Damit ihr während eures Besuchs eine besonders hohe Faktenausbeute erzielen könnt, wurde auf den Eintrittstickets ein spezieller Code verarbeitet. Bei einem Spaziergang durch das Museum könnt ihr mit dem Code die Fakten an den Audiostationen in unterschiedlichen Sprachen wie Deutsch, Englisch, Norwegisch oder Russisch abrufen. Das Besondere dabei: Die Hörtexte wurden von bekannten Schauspielern eingesprochen.
Was euch in der Dauerausstellung erwartet
Wenn ihr euch für den Besuch der Dauerausstellung „Die Hanse“ entscheidet, könnt ihr in vergangene Zeiten abtauchen und euch im Zuge eines Rundgangs über Entstehung, Historie und Verbreitung der europäischen Hanse informieren.
Das Ganze wird durch Szenerien besonders plastisch dargestellt. So startet die Ausstellung beispielsweise an einem Erdhang, der etliche Jahrhunderte Geschichte auf dem Buckel hat. Danach folgte eine Reise durch Raum und Zeit: Insgesamt 600 Jahre Hanse werden in Großdioramen (Schaukästen) szenisch veranschaulicht, immer wieder durch Infoscreens und Audiomaterialien erklärt sowie in mit Exponaten gespickten Kabinetten und Belegen untermauert.
In den exemplarisch ausgewählten Städten Nowgorod, Brügge, London und Bergen werden Handel und Wandel näher beleuchtet. Darüber hinaus wird immer wieder auf die Rolle Lübecks zu Zeiten der Hanse eingegangen. Der Abschluss des Rundgangs findet schließlich im angrenzenden Burgkloster statt.
Führungen durch das Europäische Hansemuseum
Falls ihr das Museum erkundet möchtet, könnt ihr das natürlich tun, indem ihr ganz gemütlich alleine die Dauerausstellung entlangwandert und euch von der multimedialen Faktenfülle berieseln lasst. Oder wollt ihr lieber geführt werden und dabei von eurem Guide weitere wertvolle Infos erhalten? Man kann entweder an einer der öffentlichen Führungen teilnehmen oder als Gruppe eine Führung buchen.
Die öffentliche Führung „Die Hanse“ findet beispielsweise jeden Samstag um 14 Uhr sowie jeden Sonntag um 11 Uhr statt. Die Kosten dafür betragen – zusätzlich zum jeweiligen Eintrittspreis – 4 €. Der Treffpunkt für die öffentliche Führung ist das Foyer des Museums. Wer an der geführten Tour teilnehmen möchte, sollte im Vorfeld lieber reservieren, denn ab 20 Personen ist sie voll. Falls dann keine andere Person bereitsteht, die mit einer zweiten Führung betraut werden kann, hat man leider das Nachsehen und muss auf seine geführte Tour verzichten.
Darüber hinaus lassen sich auch individuelle Führungen buchen:
- Ab 15 Personen sind begleitete Touren für 4,50 € pro Person (zuzüglich dem jeweiligen Eintrittspreis) durchführbar.
- Falls sich ganze Schulklassen für eine Führung interessieren, können diese für 7 € pro Schüler (hier ist der Eintrittspreis dann bereits enthalten) gebucht werden.
- Eine geführte Tour in einer Fremdsprache kostet pro Person 1 € Aufpreis.
Ich selbst habe eine exklusive Führung durch André Dubisch bekommen, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Hauses. Unter seiner fachkundigen Anleitung durfte ich in die faszinierende Zeit der Hanse eintauchen.
André Dubisch Archäologe und Mitarbeiter des Europäischen Hansemuseums
Herr Dubisch ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Europäischen Hansemuseums und von Haus aus Archäologe. Er leitete die Ausgrabungen, die ab 2012 im Bereich des gesamten Museumsneubaus stattfanden. Im Museum ist er nicht nur für die Dauerausstellung, sondern auch für den Leihverkehr, die Exponate sowie die Sonderausstellungen verantwortlich. Außerdem hat er unter anderem einen Teil der Jubiläumsausstellung zum 875-jährigen Bestehens Lübeck kuratiert, der im Burgkloster des Europäischen Hansemuseums zu sehen war. Von ihm durfte ich während der Führung viele interessante Nebenfakten erfahren, z.B. dass die eigentlichen Pläne zum Museumsneubau bereits lange Zeit vor dem tatsächlichen Baustart stattfanden, nämlich schon Anfang der 2000er Jahre.
10.000 Funde wurden beim Bau im Boden entdeckt
Ferner erzählte Herr Dubisch, dass der Platz im Norden der Lübecker Altstadt für die Errichtung des Europäischen Hansemuseums ganz bewusst ausgewählt wurde. Das Areal am Hang des Lübecker Burghügels sollte optisch aufgefrischt und dadurch attraktiver für Touristen und Lübecker Bürgern gemacht werden. Da das Areal, wie die gesamte Lübecker Altstadt, zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, mussten archäologische Ausgrabungen stattfinden. Doch das Ganze hat sich gelohnt: Das Team, zu dem insgesamt 28 Personen zählten, konnte insgesamt über 10.000 Funde verzeichnen und dabei die Geschichte des Lübecker Burghügels weiter erforschen.
BesucherbetreuerIinnen im Museum
Weitere interessante Dinge waren von Herrn Dubisch zu erfahren, wie etwa die Info, dass die BesucherbetreuerIinnen in der Ausstellung kein klassisches Wachpersonal sind, wie man es aus anderen Museen kennt. Sie stehen Besucher*innen nicht nur unterstützend zur Seite, können zusätzliche Informationen liefern und Zusammenhänge erläutern, sondern geben auch Führungen durch die Ausstellung.
Begleitet mich auf meiner individuellen Führung durch die Geschichte der Hanse! Lasst mich schon einmal soweit vorgreifen: Die Tour durch die vielfältige Geschichte des weltbekannten niederdeutschen Handelsverbunds war überaus lehrreich und spannend! Während der Führung durfte ich diverse Fotos schießen, so dass ich euch mit diesen einen ersten Eindruck von der vielfältigen Erlebnis- und Faktentiefe der Ausstellung vermitteln kann. Darüber hinaus werde ich euch aber auch mit Worten auf meinen geführten Rundgang durchs Museum mitnehmen.
Begleitet mich im Folgenden also auf meiner virtuellen Tour durch die eindrucksvolle Dauerausstellung „Die Hanse“ im Europäischen Hansemuseum:
Unsere Tour beginnt – erst einmal draußen
Lasst uns die Tour noch vor den Toren des Museums beginnen und einen Moment ausharren, während wir die Außenmauern des Hauses bestaunen: Es handelt sich bei dem Neubau um ein modernes Gebäude, das zwar zeitgenössische Formen, aber den hansetypischen Baustil der Backsteingotik aufweist.
Imposant ist die steil in das Gebäude hineinragende dunkle Treppe, die bis hinauf zum Burgkloster reicht. Wenn man sie nicht komplett durchgeht, kann man auf einem Zwischenplateau z.B. im Restaurant „NORD“ Rast machen und von hieraus die Schönheit des Lübecker Hafenviertels bewundern.
Panoramaausblick aus dem Restaurant
Neben dem tollen Panoramaausblick hat das Restaurant eine Auswahl an großzügigen Tischen und lauschigen 2er-Plätzen zu bieten. Farblich passt sich der Baustil des Restaurants mit dem verwendeten dunklen Look und den grau-braunen Tönen stimmig zur bisher gesichteten Fassade an.
Genug ausgespannt – wir kehren auf die Treppe zurück. Von hieraus erreicht man die Empfangshalle des Hansemuseums. Das Foyer begrüßt den Besucher unter anderem mit vielen kleinen Details, die an die Zeit der Hanse erinnern, und sowie diversen Büchern zum Thema.
Im Foyer geht es los: Wir treffen unseren Guide!
Hier im Foyer stoßen wir auf André Dubisch. Kurz darauf beginnt er, über die Erbauung des Museums zu berichten, erzählt von der Bauzeit und führt an, was früher an dieser Stelle stand. Anschließend kommt André Dubisch auf das Thema Kinder zu sprechen. Für die Kleinen habe man sich etwas ganz Besonderes ausgedacht: Für sie hielte man ein Ausstellungsquiz bereit. Das kleine Heft sei an der Kasse erhältlich und im Preis mitinbegriffen. Ferner gibt es spezielle Führungen, die für Kinder und Familien zur Verfügung stehen. Als besondere Aktion hebt er die Führung „Das Mittelalter beleuchten“ hervor, bei der die Besucher mittels Taschenlampen selbst Licht ins Dunkel bringen und noch unbekannte Bereiche erforschen können. Das Ganze findet als Familienführung statt – es können also auch Erwachsene an dieser munteren Leuchtpartie teilnehmen.
Es gibt viel für Kinder zu entdecken
Im Übrigen sei auch ein Kinderkatalog für die Ausstellung erhältlich. Zudem habe man auch Workshops für Kinder, wie zum Beispiel „Mit Feder und Tinte“ in das Programm des Hauses aufgenommen. Dies ist wohl auch als Reaktion auf die Kritik zu verstehen, die nach der Eröffnung des Europäischen Hansemuseums aus den Reihen mancher Familien laut wurde – man hielt die Dauerausstellung wegen ihres mitunter düsteren Ambientes nicht für kindgerecht. Außerdem arbeitet die Abteilung „Bildung und Vermittlung“ an weiteren Events für die junge Kundschaft, etwa auch in Form von Kindergeburtstagen.
Vier Sprachen stehen zur Auswahl im Museum
In Sachen Chip erklärt uns Herr Dubisch, dass wir mit Hilfe dieses Techniktools Zugriff auf weitreichende Archive innerhalb des Museums hätten. Anders, so fügt er an, könne man die 800 Jahre lange Geschichte der Hanse auch gar nicht in einem Museum präsentieren. Im Europäischen Hansemuseum würde neben Deutsch auch Englisch, Russisch und Schwedisch angeboten werden.
Das sei darauf zurückzuführen, dass man sich in die jeweiligen Richtungen orientiert habe, in denen die Hanse verbreitet war – und das sei, wenn man sich auf die Kontore bezieht, unter anderem eben in London, Nowgorod und Bergen der Fall gewesen. Man habe sich aber für Schwedisch statt Norwegisch entschieden, weil damals auch viel über Gotland bzw. die Skandinavier insgesamt gelaufen sei. Man könne aber wohl davon ausgehen, dass norwegische Besucher auch Schwedisch verstehen würden, zumindest in Schriftform.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs werden in unserer Gruppe Bedenken laut, ob so ein Chip durch unachtsame Behandlung, etwa durch das Tragen eines Handys in der Tasche, gelöscht werden könnte. Doch Herr Dubisch winkt ab – er habe das bei sich selbst noch nicht erlebt.
Themenschwerpunkt auf den Eintrittskarten frei wählbar
Dann geht er näher auf die Funktionsweise der Tickets ein: Zuallererst solle man sie in die Check-In-Terminals legen, um sie dort zu programmieren. Dann erwähnt er noch einmal die ungeheure Fülle an Fakten, über die das Museum verfüge.
Mittels des Chips könnten wir uns eine weitere von fünfzig Städten aus dem Netzwerk der Hanse näher ansehen, nebst einem gewünschten Schwerpunktthema, wie z.B. „Leben in Unsicherheit und Armut“. Das gewünschte Thema müsse man nur im Vorfeld auf dem Ticket freischalten und könne es dann im Verlauf des Rundgangs besonders tiefgründig erkunden. Vor allem für größere Gruppen sei dies spannend, da so besonders viele Städte und Themen erkundet werden könnten.
Die gesamte Ausstellung bietet Potential für zwei Tage
Um das gesamte Schrift- und Audiomaterial zu studieren bräuchte man viel Zeit, bis zu acht Stunden.. Um das Erlebnis vielfältig zu gestalten, könnten per Chip sowohl spezielle Computerwände als auch diverse Höraufnahmen freigeschaltet werden. Diese multimedialen Inhalte seien natürlich auch im Burgkloster verfügbar.
Zum zwischenzeitlichen Entspannen sei es bei größeren eigenständigen Erkundungstouren ratsam, zwischendurch eine Pause einzulegen, z.B. im Museumscafé „Fräulein Brömse“ oder im Restaurant „NORD“. Dann ist das Jahresticket unser Thema. Mit diesem könnten wir theoretisch täglich im Europäischen Hansemuseum auflaufen und uns dort vom Ambiente des Mittelalters berieseln lassen. Im Preis inkludiert wären dann auch alle Sonderausstellungen.
Aktion im Frühjahr 2019 : Für LübeckerInnen freitags günstigen Eintritt
Wir kommen anschließend auf die bis Ende März 2019 laufende 5-Euro-Aktion zu sprechen, die allen Lübecker*innen freitags günstigen Eintritt in das Museum gewährt. Diese sei sehr gut angekommen, versichert uns Herr Dubisch. Ferner verweist er auf das Programmheft, dass einmal im Quartal erscheint– darin fände man alle angesagten Aktionen und jede Menge Infos. Das Heft könne man sich auch zusenden lassen.
Anschließend landen wir beim Thema Familienführungen. Uns interessieren insbesondere die Preise. Man erklärt uns: Bei einer Familienführung kaufe man ein Familienticket und für die Führung zahlten dann nur die Erwachsenen dazu. Interessant sei auch die spezielle Burgklosterführung, die montags vom Förderverein durchgeführt werde und für insgesamt 10 Euro gebucht werden könne.
Vor uns liegt die Geschichte der Hanse
Und dann geht es los: Wir starten die Führung durch die Geschichte der Hanse!
Sogleich liegt etwas absolut Sehenswertes vor uns bzw. in der Erde. Wir schauen hinab auf eine Grabungsstätte in den Tiefen der Gänge durch den Museumsneubau. Von André Dubisch erfahren wir, dass es sich hier um die originalen Erdschichten aus früheren Zeiten handelt. Die historischen Schichten seien Spuren der etwa 1200 jährigen Vergangenheit und im Laufe der Zeit immer weiter gewachsen. Mittels neuer Siedlungsschichten sei er fortlaufend in Richtung Trave expandiert.
Teilweise berge der Hügel 12 Meter hohe Erdschichten, von denen sich die einzelnen Jahrhunderte der Entstehung festmachen ließen. Im Jahre 2013 sei es die Idee von Museumsbauer Andreas Heller – der im Übrigen auch den Museum of the Year Award gewonnen und auch das Auswandererhaus in Bremerhaven gestaltet habe – gewesen, diesen Hang im ersten Raum zu erhalten und zu konservieren.
André Dubisch erzählt uns an dieser Stelle auch, dass man das oben auf dem Hang liegende Burgkloster, das derzeit vom Museum mitgepachtet werde auch als einzelnes Baudenkmal besichtigen könne. Zwar böte es sich aufgrund des kaum erhöhten Mehrpreises eher an, das Gesamtticket zu nehmen, doch sei es auch möglich, eben nur das Kloster zu besichtigen.
Durch eine Luftschleuse ins Museum
Dann richten wir unser Augenmerk wieder auf den Hang: Nur mittels spezieller Belüftung sei es hier möglich, die Erdschichten zu konservieren. Ohne Luftschleuse könnten sich ganz schnell Algen, Moos und Pilze ansiedeln. Dies hier sei der erste Versuch in Deutschland, historische Erdschichten innerhalb eines Museums zu erhalten. Auch eine ursprüngliche Kloake könne man in diesem rustikal anmutenden Haufen Erde noch finden. Über einen Einleitungstext bekommen wir an dieser Stelle, den Einstieg in die Siedlungs—und Museumsgeshcichte , während wir auf die gläserne Hebebühne warten.
Apropos Hebebühne: Diese deutet in ihrer Machart bereits darauf hin, dass das Europäische Hansemuseum auf Barrierefreiheit setzt. überall im Museum wurde darauf Wert gelegt, dass auch Menschen im Rollstuhl gut vorankommen können – auch wenn hier und da noch Verbesserungsbedarf zu beklagen sei.
Eine automatische Hebebühne befördert die Besucher nach unten
Dann fokussieren wir uns wieder auf das, was vor uns liegt. Und das ist mehr als spannend: Wir fahren mit der Hebebühne nach unten und bestaunen mitten in der Grabungsstätte einen der Highlight-Spots des Museums aus der Nähe. Dieser darf sich wohl unter anderem deshalb so nennen, weil hier mit zahlreichen Einzelstrahlern das Interesse des Besuchers auf bestimmte Punkte gelenkt wird. In diesem Fall schauen wir auf freigelegte Backsteinfundamente und die Hangabstützung aus früheren Jahrhunderten.
Im Zuge der Baufeldfreimachung wurden diese Mauern entdeckt und so in das Museum integriert, dass sie im Zuge der Ausstellung besichtigt werden können. Diese speziellen Funde eröffnen dem Besucher einen Einblick in 1200 Jahre Stadtgeschichte. Um die einzelnen Bauabschnitte etwas besser ersichtlich zu machen, werden die verschiedenen Erdschichten mit Hilfe von Projektionsstrahlern in die jeweiligen Jahrhunderte verortet.
Mit anderssprachigen Besuchern käme man sich nicht ins Gehege, da die Sprachen nach Aktivierung des Tickets schnell wechseln und hier unten ohnehin keine längeren Texte eingespielt würden. Dieser Ort solle vor allem Lust machen und Stimmung erzeugen. Deshalb werde im Hintergrund auch Musik gespielt.
Spezialabsicherung des Hangs bei den Bauarbeiten des Museums
Dann führt Herr Dubisch noch einmal aus, was für ein Aufwand es war, den Hang zu erhalten: Ein Spezialbohrgerät aus Bayern musste dazu angefordert werden. Mit Hilfe der Erdschnecke wurden Löcher gebohrt und ausgehoben, die dann mit Beton und Eisen verfüllt wurden. Anschließend habe man metertief einen Anker in den Burghügel hineingeschossen.
Für die bessere Erhaltung der Erdschichten, wird der Boden feucht gehalten.. Am Fuße des Hangs lag einst ein Wasserspeicher. Hierauf deutet der originale Holzring aus dem Ende des 14. Jahrhunderts hin. Seinerzeit wurde der Speicher mit Wasser gefüllt, das man von der Wakenitz ableitete. Das Wasser der Trave konnte aufgrund des hohen Salzwassergehaltes nicht genossen werden. Im Laufe der Historie wurde der Holzring von mehreren Lagen, wohl aus Skandinavien stammenden, Granitsteinen überlagert. Man blickt nun quasi auf etwa 600 Jahre Frischwasserversorgung am Lübecker Burghügel.
Im weiteren Verlauf kommt Herr Dubisch auf alte Bohrpfähle aus dem Jahre 1988 zu sprechen. Diese seien damals zur Hinterhofgestaltung des Seemannsheims eingebracht worden.. Das sei es erst einmal zum Thema Stadtgeschichte gewesen,. Im Anschluss werde es mit der Hansegeschichte weitergehen.
Als die niederdeutschen Kaufleute die Hanse formten
Zunächst erklärt uns André Dubisch, wie die weitere Ausstellung aufgebaut ist. Wir würden in die Nähe der vier Kontore Nowgorod, Brügge, London und Bergen reisen, dazwischen aber immer wieder nach Lübeck zurückkehren. Die Geschichte würde lebhaft in Gestalt von Inszenierungen erzählt. Zwar seien diese nicht echt, aber bestens recherchiert. Die Mischung von Sound, Film und Technik würden den Besucher emotional ansprechen. Hinter den Räumen befänden sich jeweils typisch museale Kabinette mit Sitzmöglichkeiten, Vitrinen und vertiefenden Informationen.
Der erste Themenraum
Und dann betreten wir den ersten Themenraum, der uns gleich mit einem Exkurs zu Lübeck begrüßt. Hier künden verschiedene Tafeln über den Wandel von Liubice zu Lübeck: Anfang des 9. Jh. wurde unweit vom heutigen Lübeck eine Burg errichtet – in der Folgezeit entstand Lübeck und wurde zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt. Dann aber kam es zu einem verheerenden Brand. Erst im Jahre 1159 erfolgte durch Heinrich den Löwen ein Wiederaufbau. Darüber hinaus gewährte er den Kaufleuten besondere Rechte und Freiheiten. Er räumte Händlern aus Skandinavien und Russland freien Handel sowie Frieden ein, was den Weg Lübecks als Fernhandelszentrum ebnete.
1226 startete Lübeck dann richtig durch: Friedrich II. ernannte Lübeck zur freien Reichsstadt und befreite sie somit von der Bevormundung der umliegenden Fürstentümer. Dadurch konnte Lübeck fortan selbst mit fremden Kaufleuten Handel treiben und sich so sein eigenes Wirtschaftsnetz aufbauen. Zugute kam der Stadt ihre verkehrspolitisch günstige Lage. Fortan schwärmten immer mehr Kaufleute aus, um regen Handel zu treiben.
Gründung von Außenhandelszentren
Die lübischen Händler des Mittelalters verbreiteten sich vor allem im Ostseeraum: im Westen bis nach England und an die französische Atlantikküste sowie im Süden bis an die Küsten Spaniens, Portugals und Italiens. In den Städten, in denen die Händler ihre Geschäfte betrieben, kam es in der Folge zur Gründung von großen Außenhandelszentren, die später Kontore genannt wurden.
Dann geht André Dubisch näher auf den Begriff „Hanse“ ein. Er erklärt uns, dass das Wort aus dem Althochdeutschen stammt und so viel wie „bewaffnete Schar“ bedeutet. Danach erinnere ich mich an das Computerspiel „Die Hanse“, das dem einen oder anderen von uns in früheren Zeiten zahlreiche schlaflose Nächte beschert haben dürfte. Die sprachliche Bedeutung des Begriffs können wir in aller Ruhe auch noch einmal auf der sich uns darbietenden Informationstafel nachlesen.
1282 wurde der Begriff zum ersten Mal von den deutschen Händlern in England für ihren kaufmännischen Verbund benutzt. Die deutsche Hanse, so wie wir sie kennen, entstand aber erst später, wobei man im Grunde kein exaktes Datum festlegen könne, da es sich dabei immer um einen sehr loses Gefüge gehandelt habe. Bis zum ersten Hansetag hätte man daher immer nur von niederdeutschen Kaufleuten gesprochen.
Gemeinschaften von Fernhändlern
Laut der Displays kann man die Hanse auch mit „Gemeinschaften von Fernhändlern“ gleichsetzen. Ferner lernen wir hier, dass sich diese Gemeinschaften insbesondere durch die folgenden Eigenschaften geeint waren: gegenseitiges Vertrauen, gemeinsame Rechtskultur und gemeinsame Sprache. Bis Ende des 16. Jahrhunderts wurde im Mittelmeerraum Niederdeutsch gesprochen. Dies war die führende Schriftsprache im Fernhandel. Insofern war insbesondere die Sprache Hauptverbindungspunkt der Kaufleute in der Hanse.
Lübeck galt aufgrund seiner zentralen Lage inmitten der angeschlossenen Städte als „Königin der Hanse“ und nahm dadurch eine führende Stellung im Bund ein – so hielt man hier beispielsweise ab dem Jahre 1358 regelmäßige Hansetage im Rathaus ab. Darüber hinaus war die Hanse, der in ihren Spitzenzeiten mehr als 150 Städte angehörten, die kommenden drei Jahrhunderte für ihre Durchsetzungskraft bekannt – und das nicht nur durch ihr Verhandlungsgeschick, , die immer dann zum Einsatz kam, wenn bloße Diplomatie und Kaufkraft an ihre Grenzen stießen.
Auf nach Nowgorod!
Hier in der Ausstellung sind wir jedenfalls noch weit von unseren (Aufnahme-) Grenzen entfernt. Deshalb wechseln wir nun den Raum – und befinden uns plötzlich nicht nur in einem ganz anderen, sondern auch im Jahr 1193 vorNowgorod am Fluss Newa. Damit stehen wir in der Nähe des heutigen St. Petersburg, welches es zur damaligen Zeit noch nicht gab Nowgorod sei eine der größten Handelsniederlassungen der niederdeutschen Kaufleute gewesen.
Herr Dubisch erläutert uns im Anschluss die positiven Wirtschaftsfaktoren, die seinerzeit in Nowgorod zusammenliefen: So sei die Stadt damals nicht nur eine der größten und bedeutsamsten in Russland gewesen, sondern habe auch einen wichtigen Anschlusspunkt an die Ausläufer der nördlichen Seidenstraße dargestellt. Die Region um Nowgorod herum war für die hohe Produktion an Wachs und Honig bekannt. Dieser wäre für die niederdeutschen Händler insbesondere für die spätere Verarbeitung zu Kerzen interessant gewesen. Ferner seien Felle und Pelze von dort begehrt gewesen. Im Gegenzug brachten die niederdeutschen Kaufleute Metalle, wie Silber nach Nowgorod
Handels Fahrtgemeinschaften nach Nowgorod
Auf den LED-Displays sorgen dafür, dass wir dranbleiben und uns immer mehr Informationen einverleiben. Und so erfahren wir beispielsweise auch noch, dass der weite Weg nach Nowgorod aufgrund potentieller Überfälle und Unglücke sehr riskant war. Damit man gewappnet war, stach man meist in Fahrtgemeinschaften und mit schwerer Bewaffnung in See. Zudem fuhr man über Visby nach Russland weiter – denn in Gotland war man einfach schon besser mit der Route nach Nowgorod vertraut und konnte wichtige Hilfestellungen geben.
Die Strecke war lang. Laut André Dubisch war man auf einer einzigen Tour viele Monate lang unterwegs. Zu dieser Zeit stachen die niederdeutschen Kaufleute, meist Adlige, noch selbst in See, um ihre Waren gewinnbringend an den Mann bringen. Um möglichst wenige Risiken einzugehen, taten sich mehrere Kaufleute zusammen und machten sich schwer bewaffnet – unter anderem mit Helmen und in Kettenhemden, die sich auch hier in der Ausstellung anschauen lassen – als Fahrgemeinschaften auf den Weg.
Einen eigenen Ältermann für bessere Konditionen
Noch bevor Sie das Fürstentum Nowgorods betraten, erwählten sie aus ihren Reihen einen Ältermann, der die Interessen von allen Mitfahrenden vertreten sollte, so dass jeder die bestmöglichen Konditionen erzielen konnte. Später hätten die niederdeutschen Kaufleute auch ihre Söhne in Nowgorod gelassen, während sie selbst wieder nach Hause fuhren, da die langen Reisen – erschwert durch vereiste Seewege – für häufige Besuche unmöglich gewesen wären.
Die Fracht war vielfältig: Truhen, Fässer und Stoffballen. Als Alltagsgegenständen fuhren an Bord der Schiffe Gefäße, Figuren und Geschirr. Tafeln, die ähnlich wie Streckennetzpläne im Bahnverkehr gehalten sind, klären uns über die damaligen Verbindungsrouten und die gehandelten Waren auf.
Dabei offenbart sich uns: Die Kaufleute bevorzugten unter anderem die Pelze aus dem bewaldeten Hinterland sowie die über die Seidenstraße transportierten Luxuswaren. Die Händler aus Nowgorod indes, hatten ein Faible für Silber, Lebensmittel, gewerbliche Erzeugnisse sowie Fertigwaren aus dem Ostseeraum.
Auflösung des Kontors in Nowgorod
Aufgelöst wurde das Kontor in Nowgorod im Jahr 1494, was einen ersten herben Schlag für die Stabilität der Hanse darstellte.
Lassen wir unseren Blick nochmal durch den Raum schweifen, stellen wir fest, dass die Szene sehr düster gehalten ist. Auf Nachfrage erklärt uns Herr Dubisch, dass dieser Effekt vom Museum so gewollt sei. Man habe zwar nicht unbedingt das „dunkle Mittelalter“, aber durchaus die naturgegebenen Umstände bei der abendlichen Ankunft der Kaufleute am Fluss Newa zeigen wollen. Auf Infotafeln werden innovative Techniken, wie zum Beispiel das Heckruder eines Schiffs genauer beleuchtet.
Mit der Kogge besonders effizient übers Meer
Wir schreiten in den nächsten Raum und erblicken das Modell einer Kogge, die zur gezeigten Zeit eine Neuerung darstellte. Diese einfache Form des Handelsschiffs hatte mehrere Vorteile: Zum einen war die Kogge günstig herzustellen und zum anderen konnte sie große Warenmengen transportieren.
Auch Einblicke in die Fracht vergangener Zeiten werden uns gewährt: Wie es aussieht, waren die Güter individuell verpackt. Hierfür kamen unter anderem Fässer, Tonnen, Säcke und Ballen zum Einsatz. In den Fässern wurden nicht nur Flüssigkeiten, sondern auch andere Waren wie Pelze transportiert, um sie vor schädlichen Außenfaktoren wie Stößen und zu viel Feuchtigkeit zu schützen. Interessant ist auch: Die zu dieser Zeit losfahrenden Kaufleute sind zugleich meist auch Schiffseigner und Schiffer. Ferner gibt es Händler, die auf den Koggen anderer Kaufmänner mitreisen.
Fracht und Mannschaft auf engsten Raum
Angesichts der üppigen Beladung der Schiffe interessiert es uns, ob die Händler damals unter Deck der Koggen geschlafen haben. auf Grundlage wissenschaftlicher Berichte wird vermutet, dass wahrscheinlich nur einer der Kaufleute –vielleicht der reichste von ihnen – unter Deck nächtigen durfte. Die anderen mussten wohl mit ihren Schlafsäcken an Deck vorlieb nehmen. Es sei nicht genau feststellbar, wie viele Personen tatsächlich unter Deck geschlafen hätten, da von dem Original der Kogge nicht mehr alles erhalten gewesen sei. Bis zu zwölf Mann fanden auf einer Kogge Platz. Fiel ein Schiff mal kleiner aus, war auch der Platz für die Mannschaft geringer, wodurch entsprechend weniger Leute mitfahren konnten.
Nun betreten wir das erste Kabinett: Dieses setzt sich mit seiner modernen Aufmachung, der schwarz-weißen Farbgestaltung, den gläsernen Vitrinen sowie der relativen Enge stark von den zuvor gesehenen Räumen ab. Auch ist das Klima hier anders, weniger feucht. In diesem Kabinett sehen wir eine typische museale Aufmachung mit Vitrinen und darin liegenden Exponaten. Hier im Raum finden wir unter anderem Belege für den Handel in Nowgorod und die Nutzung von Gotland als Handelsknotenpunkt. Hiervon zeugen etwa der gotländische Münzschatzfund mit Münzen aus aller Welt sowie verschiedene russische Exponate.
Viele Erklärungstexte in den Vitrinen und an den Wänden
Darüber hinaus ist hier auch die Kollerup-Kogge, die in der Inszenierung zu bestaunen war mitsamt zugehörigem Erklärungstext dargestellt. Ferner sehen wir z.B. Tafeln zum genossenschaftlichen Prinzip, können den Blick über Handelsgüter schweifen lassen und uns an satten Informationen erfreuen, die entweder an die Wand projiziert oder in Erklärungstexten an den Vitrinen befestigt sind. Wir erfahren eine Menge über die Lebensweise der Seefahrer und können uns mittels der in den Vitrinen ausgestellten Faksimiles die Dokumente von damals vorstellen.
Es werden deshalb Faksimiles verwendet, da originale Dokumente sehr fragil sind und keinerlei Veränderungen der Temperatur oder Luftfeuchtigkeit vertragen. Um sie zeigen zu können bedarf es hohe klimatische Anforderungen an die Vitrinen. André Dubisch und wir befinden uns auf einer Wellenlänge – wir beschließen einander zu duzen. Stolz präsentiert uns André kurz darauf die Ecke mit den Exponaten aus Nowgorod und freut sich darüber, dass das Museum einen sehr guten Kontakt nach Russland pflege. Hier sehen wir beispielsweise Feinwaagen und können uns dadurch vorstellen, wie die Händler in früheren Zeiten ihre Waren abgewogen haben.
Birkenrinde das frühere Papier
Unser Blick schweift weiter – auf Birkenrinde. Hierauf schrieb man in Nowgorod früher wie auf Papier. Die Birkenrindendokumente hier im Museum erhalten Lobgesänge an Maria, nicht etwa auf Kyrillisch, wie man eigentlich erwarten könnte, sondern in Latein, wohl durch einen im Zug der Christianisierung an Bord mitreisenden Priester aufgesetzt.
Darüber hinaus sehen wir hier auch noch Wachstäfelchen. Diese seien zur damaligen Zeit in Lübeck häufig verwendet worden – viele Funde von Wachstafeln seien vor der Jakobikirche gemacht worden. Allerdings habe man aufgrund der flüchtigen Konsistenz des Wachses wenig von den Texten erhalten können.
Ein typischer Keller zu Zeiten der Hanse
Wir wechseln den Raum – und befinden uns im Jahr 1226 in Lübeck. Überraschenderweise wippen wir hier auf dem Boden herum. Wir erfahren, dass wir eigentlich mitten im Uferbereich der Trave stehen und uns diese besondere Bodenkonstruktion dabei helfen soll, diese Tatsache nachempfinden zu können. Der Großteil der Inszenierungen seien von den Babelsberger Filmstudios gebaut worden, die auch für Hollywood Kulissen anfertigen.
Das Areal, auf dem wir stehen, zählt zu den Überschwemmungsgebieten, die damals für neues Bauland trockengelegt wurden, damit immer mehr Leute in die Stadt ziehen konnten. Das Wasser wurde mittels Deichen oder Holzwänden ferngehalten. Dank der Trockenlegung von Teilen der Trave und der Wakenitz konnte einer Erweiterung des Stadtgebietes um etwa ein Drittel erreicht werden. Dieser Prozess dauerte etwa hundert Jahre.
André erklärt uns, dass all jene Wege Lübecks, die als „Straße“ ausgewiesen sind, zum ehemals festen lehmig-sandigen Kern Lübecks zählen, während die als „Gruben“ benannten Straßenzüge auf die Zeit der Landgewinnungsmaßnahmen hindeuten – die Gruben wurden damals mit allerlei Materialien wie z.B., Rostkonstruktionen aus Eichenstämmen und Erde aufgefüllt, damit sie den Häusern der Kaufleute als festes Fundament dienen konnten.
Keller der Kaufmannshäuser
Wir gehen weiter und schauen in den Keller eines Kaufmannshauses. Die gesamte Atmosphäre in diesem Abteil ist packend: Unser Blick gleitet durch einen finsteren Gang zu Fässern mit in Salz eingelegten Lebensmitteln. Damit wir uns näher informieren können, sind auch hier Displays, auf denen wir unsere Chipkarte nutzen können, zwischen all den Holzpaletten, Besen und Säcken eingepflegt. Keller dienten den Händlern unter anderem auch als Lagerräume für ihre Waren.
Die Backsteinzeit beginnt!
Anschließend geht es in das Zeitalter des Backsteins. Wir betreten eine Baustelle und sehen Gänge mit Backsteinwänden. An den Seiten stehen aufgereihte Backsteine. Unser Blick streift über Holzdielen, , Werkbänke, alte Werkzeuge, ein Windenrad, und Holzerzeugnisse. In der Höhe über uns „schwebt“ eine edle alte Tür mit Schiebeschloss, Riegel und Bronzebesatz – dabei handelt es sich um eine Kaufmannstür, die Teil der Inszenierung einfach in der Höhe installiert wurde. Das Haus wird zum zentralen Arbeitsort der Kaufleute. Es dient den Händlern fortan vermehrt als Organisationszentrale und Büro für den Schriftverkehr sowie auch als Lager für ihre Waren, beispielsweise in den Kellerräumen.
mit unseren Chipkarten können wir beispielsweise auch mehr über das Windenrad, die Stadt samt Stadtmauer oder auch Recht, Missionierung im Ostseeraum und Kreuzrittertum erfahren. In diesem Zusammenhang erfahren wir auch, dass sich die Ausstellung im Wesentlichen auf die Hanse und nicht auf spezielle Themen wie z.B. die Lübecker Stadtmauer konzentriert. Vertiefende stadtgeschichtliche Informationen sind u.a. im Holstentor Museum zu finden.
Frauen zu Zeiten der Hanse
Ferner erwähnt André, dass das Thema Frauen in der Hanse bislang eine schwarze Stelle in der Geschichtsforschung sei. Die neue Leiterin der Forschungsstelle für die Geschichte der Hanse und des Ostseeraums und das Museum versuchen nun, dies zu ändern. Auf einem düsteren Gang finden wir ein Display, das uns über das Zeitalter der Backsteingotik informiert. Stimmungsvolle Stein- und Holzreste zieren die Ränder des Weges. Auf verschiedenen Tafeln erfahren wir eine Menge zur Erfolgsgeschichte von Backstein:
Bei Backsteinen handelt es sich um gebrannte Ton. Schon im antiken Rom waren diese Materialien bekannt. Danach waren sie lange Zeit dem Klerus vorbehalten, unter anderem deshalb, weil ihre Herstellung sehr kostenaufwändig ist. Trotz dieses Nachteils erfuhren Backsteine ab der Mitte des 12. Jahrhunderts in bestimmten Regionen einen regelrechten Boom, vor allem in Dänemark, in der Lübecker Bucht, im Elbe-Havel-Gebiet sowie in Friesland und in Bayern.
In der Kombination mit dem seit 1140 in Île-de-France entstandenen gotischen Baustil entstand mittels Backsteinen in der Folge die Backsteingotik, die sich noch heute in vielen Gebäuden Lübecks vorfinden lässt. Im 13. und 14. Jahrhundert war die Backsteingotik ein Charakteristikum des Ostseeraums.
Siegeszug des Backsteins
Um den rasanten Siegeszug des Backsteins am Beispiel Lübecks zu zeigen: Im Jahr 1200 dominierten hier noch Holzhäuser das Erscheinungsbild der Stadt. Nur 100 Jahre später waren fast alle Hauptstraßen von Steinhäusern besiedelt. In dieser Zeit entstanden 700 bis 1300 Häuser aus Backstein.
Anschließend kommen wir wieder in einen der schwarz-weiß gehaltenen Ausstellungsräume mit Glasvitrinen. Wir bestaunen zahlreiche Exponate sowie diverse Urkunden mit opulenten Siegeln an der Wand. Unter anderem gibt hier ein Schriftstück Auskunft über den Umsatz im Großhandel eines Lübecker Kaufmanns. Darüber hinaus können wir die Aufzeichnungen eines Gewandschneiders ansehen. Ferner können wir uns das „Reichsfreiheitsprivileg“ genauer ansehen. Hierdurch wurde Lübeck zur reichsfreien Stadt.
Friedrich II. galt als Reisekaiser
Die Kaufleute mussten sich das Privileg in Norditalien teuer erkaufen. Danach profitierten sie jedoch von zahlreichen Vorteilen: Sie konnten beispielsweise ihre eigenen Steuern erheben und Gerichtsurteile fällen. Zudem erhielten sie das Münzprägerecht. Durch das Privileg unterstanden sie direkt dem Protektorat des Kaisers, so dass sich keiner mehr traute, die Stadt grundlos anzugreifen. Friedrich II. war ein Reisekaiser, der oft unterwegs war, und die ihm unterstellten Gebiete persönlich nicht kontrollieren konnte. Was den lübischen Kaufleuten entsprechende Freiheiten einbrachte.
Und plötzlich stehen wir mitten in Brügge!
So, nun treten wir in den nächsten Raum – und befinden uns im Jahr 1361 in einer originalgetreu nachgestellten Kaufhalle in Brügge! Der Raum ist voll, die Beleuchtung schummerig. Links sind Fässer aufgereiht, rechts auch. Auf dem gefliesten Boden, der in Erdtönen gehalten ist, liegen rechteckige Gebinde. Eine bunte Karte an der Seite kündet vom weitreichenden Handelsgebiet Brügges in Flandern. Die Atmosphäre der Halle wird durch originalgetreue bunte Stoffe aus früheren Zeiten unterstrichen.
Alte Holzsitzschemel sowie Bleiglasfenster verstärken das altertümliche Flair. Auch eine Fotostation ist vorhanden. André erklärt uns, dass wir diese gerne verwenden könnten. Dort kann sich die ganze Familie mittelalterlich verkleiden. Das entsprechende Foto ließe sich dann auf unserem Ticket abspeichern und oben an der Kasse für ein paar Euros ausdrucken.
Brügge damals der zentrale Knotenpunkt
Zudem berichtet er uns, dass Brügge damals der zentrale Knotenpunkt im Westen war, an dem viele Handelsströme zusammenliefen. Hier landeten über die Genuesen und die Venezianer Waren aus dem Mittelmeer und Orient. Aber auch die niederdeutschen Kaufleute brachten ihre Güter aus Nowgorod über Lübeck hierher.
Ferner erfahren wir hier diverse Fakten zur Geschichte der Hanse im 14. Jahrhundert: In dieser Zeit dominierten die niederdeutschen Kaufleute den europäischen Handel im Norden, während im Süden die Italiener, hauptsächlich Händler aus Genua und Venedig, den Raum beherrschten. Es lässt sich also grob sagen, dass der Norden von der Hanse und der Süden von den so genannten Kompanien dominiert wurde.
Stoffe und Tuche aus Flandern
Wir gehen weiter und sehen noch mehr Stoffe: Zwischen hölzernen Schemeln liegen edle Webwaren, unter anderem mit Brokat besetzt, sowie luxuriöse Felle. Flandern war damals die Region, die vor allem für die Produktion hochwertiger Stoffe und Tuche bekannt war. In Brügge fand nicht nur ein reger Im- und Export statt, sondern auch Re-Export in weitere Länder.
Erster Hansetag in Lübeck
Daraus entstanden auch gewisse Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse: 1358 wollte der Graf von Flandern seinen Profit maximieren und ließ die Privilegien der niederdeutschen Kaufleute einschränken. Das ließen die Betroffenen nicht mit sich machen, taten sich zusammen und erdachten sich Gegenmaßnahmen. Noch im selben Jahr kam es zum ersten Hansetag in Lübeck – dieser gilt als Geburtsstunde der deutschen Hanse.
In den Jahren 1358 bis 1360 kam es zu einem durch die Hanse ausgelösten Handelsboykott. Wichtige Handelsgüter erreichten Flandern nicht mehr, weder Grundnahrungsmittel, Getreide, Butter, Hering, Bier noch Stockfisch, und auch auf Leder mussten die Menschen dort verzichten. Infolgedessen ereignete sich unter anderem auch ein Einbruch der Produktion, da wichtige Grundwaren zur Weiterverarbeitung fehlten, wodurch Arbeitslosigkeit und Hunger verschärft wurden. Diese sowieso schon schwierige Lage für die Bevölkerung wurde in dieser Zeit noch verschlimmert durch weitere schädliche Faktoren wie Missernten und einem Ausbruch der Pest.
1360 knickten die Adligen ein und ein Abgesandter des Grafen bat die Kaufleute darum, den Handel wieder aufzunehmen. Letztlich gingen die Kaufmänner der Hanse mit besseren Privilegien als den ursprünglichen aus dem Konflikt hervor.
Hansekaufmänner waren vor allem auf ihren Profit bedacht
André greift an dieser Stelle nochmal das lange Zeit verklärte Bild des Hansekaufmanns auf: Dieser sei nicht unbedingt immer ehrwürdig und rechtschaffen, sondern oft auch knallhart und vor allem auf seinen Profit bedacht gewesen, was man auch an diesem harten Handelsboykott gut sehen könne.
Nicht nur tiefgreifende Maßnahmen wie ein Handelsboykott waren damals der Grund für Konflikte. Auch weitaus kleinere Anlässe konnten für Reibereien sorgen. So erzählt uns André, dass es durchaus vorkam, dass Händler früher in den vielen von außen nicht durchsichtigen Verpackungen und Gefäßen weniger Ware abpackten, als sie angaben, und den Rest z.B. mit Sand auffüllten. Der Gefahr, auf diese Weise betrogen zu werden, wollten die Abnehmer Herr werden, indem sie vermehrt Sichtprüfungen des tatsächlich transportierten Inhalts vornahmen.
Unser Blick schweift durch die reich bestückte Halle: Unter den Repliken sind viele wertvolle Stücke zu finden, egal ob es sich um Tuche, Pelze oder Wachs handelt. André erzählt uns, dass besonders hochwertige Ausstellungsstücke wie Brokatstoffe – die damals den hohen Adligen vorbehalten waren – hinter Schutzglas ausgestellt werden. Laut André sind diese extra aus Madagaskar eingeführt worden. Da sie nach der Einfuhr aber zunächst eine Zeitlang in Quarantäne liegen mussten, waren sie zur Eröffnung des Museums noch nicht ausstellbar.
Basar im Mittelalter
Darüber hinaus finden wir hier unter anderem auch Spiegel, Rüstungen, Kettenhemden, Schwerter und weitere wertvolle Accessoires. In einem rustikal anmutenden Holzschrank türmen sich Stoffe und Tuchwaren. Ringsum illuminieren Spots die wertvolle Ware effektvoll. Weiterhin können wir Geldsäckchen, Lupen und Behältnisse beschauen.
Ein paar Meter weiter sehen wir Marktständevor Holzwänden. Wobei: Wir sehen sie nicht nur, sondern können sie auch riechen. Denn hier sind unter anderem allerlei duftende Gewürze aufgereiht. Zudem können wir an dieser Stelle diverse Südfrüchte finden. Die exotischen Waren, zu denen unter anderem Nüsse, Mandeln, Zitronen, Datteln, Rosinen und Feigen zählen, sind auf Informationstafeln näher beschrieben.
Herkunft der niederdeutschen Kaufleute in Brügge
Weiter geht es in das nächste Kabinett. Als Exponate werden hier alle möglichen in Brügge umgeschlagenen Waren dargeboten, unter anderem Töpfe, Krüge und Teller sowie andere Waren aus Metall und Keramik. Texttafeln künden über die Geschichte der einzelnen Stücke. Ferner erfahren wir über Wandtafeln mehr zur „Herkunft der niederdeutschen Kaufleute in Brügge“.
Darüber hinaus können wir diverse Urkunden mit Siegeln sowie Handelsbücher und die Briefe des Hildebrand Veckinchusen beschauen. Letztere bieten einen tiefen Einblick in frühere Zeiten, da hier abgebildet wird, über was für ein gut verzweigtes Informationsnetz die Mitglieder der Hanse damals verfügten. So konnten sie sich dank ihres Netzwerkes beispielsweise bereits im Vorfeld über bestimmte Warenengpässe Warnungen zukommen lassen, so dass sie stets schnell darauf reagieren konnten.
Und sogar eine Grabplatte, die aus dem St. Annen Museum stammt, können wir ansehen. Eins der wichtigsten Dokumente hier ist aber wohl jenes, das den damaligen Handelsboykott betrifft. In diesem nennen sich die niederdeutschen Kaufleute zum ersten Mal „dudesche hense“, was beweist: Fortan können auch wir statt vom Verbund der niederdeutschen Kaufleuten von der Hanse sprechen.
Die Pest in Lübeck – ein düsteres Kapitel
Nun betreten wir eine Szene, der wie eine Außenanlage gestaltet ist: Wir sind im Lübeck des 14. Jahrhunderts angekommen. Raue Backsteinwände und opulente Rundbögen zeugen von der Aufmachung ehemaliger Zeiten.
Vor einem Durchgang reihen sich diverse Handelsfässer auf grob strukturiertem Steinboden aneinander. Daneben pflegt sich eine große Luke in die Szenerie ein. Handelt es sich dabei um eine Kellerluke? Haben hier die Hansekaufleute dereinst ihre Waren gelagert?
Ein Blümchen am Wegesrand bricht die seltsam düstere Melancholie, die auf dieser Außenszene liegt. Jedoch nicht lange. Denn wenn wir weitergehen, treffen wir auf eine schwere Tür mit einem großen, groben Schlüsselbund. An der Tür prangt ein riesiges „X“, aufgepinselt mit dunkler Farbe – wohl ein Zeichen dafür, dass die Bewohner dieses Hauses von der Pest heimgesucht worden sind. Der Schlüssel in der Tür zeugt wahrscheinlich für den Verschluss der Aussätzigen. Eine tote Ratte auf dem Fass, welches vor der Tür lagert, unterstreicht den Charakter von Tod und Verderben.
Um dieser düsteren Szene auch mal etwas Positives abzugewinnen: Stadtgeschichtlich interessant anzusehen, sind die Beischlagwangen – dabei handelte es sich um die Steine, die das Haus begrenzten und die Marke des Kaufmanns trugen. Sie hatten nicht nur praktischen Nutzen als Begrenzungsmarker, sondern waren auch Statussymbol.
Pestkarren fuhren durch Lübecks Straßen
Ein paar Meter weiter zeugt ein Pestkarren davon, wie sich die Menschen damals ihrer Leichen entledigt haben. André erzählt uns, dass dieser früher wohl sehr oft benutzt wurde: Bei der enormen Anzahl der Toten fuhren tagtäglich mehrere solcher Karren voll beladen durch die Stadt. Die Leichen wurden unter anderem in Massengräbern auf dem großen Pestfriedhof hinter dem Burgtor begraben. Damit die Räder nicht so auf dem Kopfsteinpflaster klapperten, wurden sie mit Stoff ummantelt – dies sollte den Schall und die Angst ein wenig dämpfen.
Anschließend füttert uns André mit weiteren Fakten zum Thema Pest: Die Krankheit sei natürlich eine europäische und keine rein lübische gewesen. Sie sei aber aus dem nahen Orient recht rasch über die Handlungsströme nach Lübeck und andere europäische Städte gekommen. Innerhalb von wenigen Jahren habe sie sich immens verbreitet. In Lübeck starben etwa die Hälfte der Ratsmitglieder. Solch schwere Einschnitte führten erst einmal zu einer wirtschaftlichen Lähmung der Stadt.
Die Pest hatte folgen für den Handel
Darüber hinaus habe die Pest auch weitere Folgen für den Handel gehabt:In Norwegen zum Beispiel starben besonders viele Fischer an der Pest. . Dadurch stand weniger Stockfisch zur Verfügung, was wiederum dazu führte, dass die Kaufleute durch die gleichbleibende Nachfrage die Preise des Fisches erhöhen konnten – und sofern auch noch von der Epidemie profitierten.
Da tut es ganz gut, dass wir hiernach wieder einen nüchterngehaltenen Raum mit Vitrinen aufsuchen und uns darin Exponate zur Pest ansehen können. Hier lagern zum Beispiel Testamente aus jener Zeit
Wir wollen die Wolle aus London
Danach geht es in die nächste Erlebnisszenerie. Diesmal steht London um 1500 im Zentrum des Geschehens. Auf einem großflächigen Stadtplan können wir die prächtige Ausformung der Stadt rundum die Themse beschauen. André erzählt uns, dass London damals zu einer der wichtigsten Handelspartner der Hanse gehörte. Die hansischen Händler hatten sich dort in dem so genannten Stahlhof niedergelassen – heutzutage steht an dessen Stelle die U-Bahn-Station Cannon Gate.
Interaktive Karte informiert über die Privilegien der Hansehändler
Auf der interaktiven Stadtkarte starten wir mit unserem Ticket eine Infoshow. Wir werden über die verschiedenen Privilegien der Hansehändler hier in London informiert: Hier zahlten sie damals besonders wenig Zoll. Zudem versuchten die raffinierten Kaufmänner seinerzeit, eventuelle Verluste zu minimieren, indem sie ihre Fracht auf mehrere Schiffe verfrachteten. Wenn eins davon beispielsweise gekentert wäre, hätte das andere trotzdem in die Heimat gefunden.
In dem Raum erfahren wir außerdem, dass das wichtigste Exportgut Londons zu jener Zeit Wolltuch war. Ferner wird uns nähergebracht, dass bis 1400 in den Hafenstädten hauptsächlich Rohwaren wie Pelze oder Wachs aus dem Osten gegen Wolle und Zinn getauscht wurde. Danach kam es zu einer Verschiebung in Nord-Süd-Richtung. Man bildete Konvois, um den potentiellen Gefahren zu trotzen. Als schädigende Faktoren galten vor allem Piraten, Stürme und Unglücke.
Social Media im Mittelalter – Statussucht der Kaufleute
André erzählt uns kurz darauf von den Kaufleuten in London. . Sie demonstrierten ihren Reichtum unter anderem mittels edler Stoffe und Besitztümer wie z.B. Samt und Seide bzw. teuren Taschenuhren, wertvollen und Teppichen. Zudem versuchten sie auch, den Adel zu provozieren, indem sie sich etwa vom Hofmaler porträtieren ließen. Diese Prunksucht kam unter anderem auch auf dem Hansetag im Jahr 1515 zur Geltung.
Im nachfolgenden Kabinett sind wiederum diverse Dokumente zu finden. Zudem sind ein Steppwams sowie verschiedene Waffen zu bewundern. André erzählt uns, was es mit dem schwertähnlichen Langmesser – eine Leihgabe des St. Annen Museums – auf sich hat: Diese Art von Messern ließen sich die reichen Kaufleute extra anfertigen. Sie mussten aber ausdrücklich zu langen Messern statt zu echten Schwertern greifen, da das Tragen von echten (zweischneidigen) Schwertern seinerzeit den Adligen vorbehalten war. Die Langmesser hatten zwar nur eine Schneide, waren optisch auf den ersten Blick aber kaum von den adligen Schwertern zu unterscheiden.
Eine Versammlung der Hanse miterleben
Wir springen nun ins Jahr 1518 und betreten einen Raum mit gekacheltem Boden. Im Vordergrund prangen die Miniaturen von Türmen in die Höhe, im Hintergrund blicken wir auf die Szene einer Versammlung. Im Hansesaal Lübecks, der nach einer Tuschezeichnung des damaligen Poliers und mit Hilfe von bauhistorischen Untersuchungen entworfen wurde, können wir uns näher über das Prozedere eines Versammlungsbeschlusses informieren.
Hierzu stehen Sitzbänke mit Audiomaterial zur Verfügung. Ferner können wir in alten Büchern blättern und uns dadurch vom Sog der alten Zeit mitreißen lassen. Vom originalen Hansesaal ist nur eine hölzerne Wange erhalten geblieben. Das echte Stück befindet sich im St. Annen Museum. Die hier gezeigte Wange ist ein 3D-Duplikat.
Hanseversammlung in Lübeck
Wir erleben einen ganzen Tag in der Hanse: Vom 19. Juni bis zum 14. Juli 1518 fand in Lübeck der Hansetag statt. 21 deutsche Städte nahmen daran teil. Die jeweiligen Teilnehmer bekamen zuvor eine Einladung zugeschickt. Sie alle entsandten dann so genannte Ratsendeboten, die dann mit den Anliegen ihrer jeweiligen Stadt aufwarteten. Die jeweiligen Bürgermeister von Lübeck waren stets die Vorsitzenden der Versammlung im Jahr 1518. 41 Tagesordnungspunkte standen 1518 auf dem Programm. Die jeweiligen Themen wurden im Vorfeld in Lübeck angekündigt.
Dabei ging es neben allgemeinen Handelsangelegenheiten sowohl um Probleme in den Kontoren sowie um Konflikte zwischen den einzelnen Hansestädten. Zudem wurde das Problem des Machtzuwachses von bestimmten Landesfürsten thematisiert und diskutiert. Man kam zu dem Beschluss, dass all jene Städte, die zu eng an ihren jeweiligen Landesfürsten gebunden waren, zukünftig von den Hansetagen ausgeschlossen wurden. Ferner räsonierte man auf solchen Treffen auch immer wieder darüber, inwieweit es rentabel war, eine derzeit nicht im Hansebund stehende Stadt oder auch ein einzelnes Schiff anzugreifen.
Der finale Beschluss musste auf den Zusammenkünften der Hanse immer einheitlich ausfallen. Hier gab es kein Mehrheitsprinzip. Dabei war es für die jeweiligen Teilnehmer nicht immer einfach, zu einem vernünftigen Konsens zu finden – auch weil es untereinander Rivalitäten und Machtscharmützel gab. Notfalls trennte man sich am Ende eines Versammlungstages uneins und versuchte am nächsten Tag bei einem erneuten Treffen zu einem einstimmigen Beschluss zu kommen.
Sitzordnung symbolisierte die Rangfolge der Hansestädte
Erschwert wurde das gegenseitige Auskommen durch die Sitzordnung. Diese symbolisierte die Rangfolge der Hansestädte untereinander: Je weiter vorne man saß, umso mehr Macht hatte man (und konnte gegebenenfalls Druck auf weniger bedeutsame Versammlungsmitglieder mit einer abweichenden Meinung ausüben).
Protokolliert wurden die Beschlüsse der Versammlungen von den Ratsschreibern, die danach die so genannten Hanserezesse verfassten. Anschließend wurden die Hanserezesse feierlich verlesen, auf Pergament kopiert und an die Teilnehmer sowie auswärtigen Mitglieder der Hanse übergeben.
In der Szenerie erhalten wir auch Einblicke in das Privatleben der Versammlungsmitglieder und erfahren, was sie während des Hansetages speisten. Darüber hinaus wird hier vielleicht das erste Aufkommen von Tourismus dokumentiert. So erfahren wir von André etwa, dass die Delegation aus Goßlar früher anreiste, um sich die Seehunde in Travemünde anzusehen und die Wasserkunst in Lübeck zu bewundern.
Die Hanse bricht auseinander
Während die Ratsendeboten innerhalb der Räume ihrer Genusssucht frönten, tobten draußen jedoch bereits jene Phänomene, die zum Auseinanderbrechen der Hanse führen sollten: die Reformation, die Entdeckung neuer Handelsräume und die Anbahnung von kommenden Kriegen.
Auf einer Schautafel sehen wir dann eine Auflistung sämtlicher Hansetage und erfahren, dass nicht alle in Lübeck stattfanden. Manchmal gab es auch mehrere pro Jahr, mitunter auch in anderen Städten. Mittels dieser Tafel werden wir auch gewahr, dass im Jahr 1669 der letzte allgemeine Hansetag in Lübeck stattfand.
Dann stehen plötzlich lebensgroße Figuren von Mönchen vor uns. Hierbei handelt es sich um Dominikanermönche, die uns auf das gleich zu besichtigende Burgkloster vorbereiten sollen. Gleichzeitig führten sie uns zeitlich wieder eine Station zurück, ins 14. Jahrhundert.
Dominikanermönche – Ablasshandel mit Geistlichen
In diesem Zusammenhang kommt André noch einmal darauf zu sprechen, dass während der Hansetage nicht mit Prunk gegeizt wurde bzw. die eigentlich gläubigen Hansekaufleute generell nicht unbedingt auf dem Pfad der Tugend wandelten und sich deshalb Sorgen um ihr Seelenheil im Jenseits machten.
Um sich von ihren irdischen Sünden reinzuwaschen, betrieben die Kaufleute der Hanse unter anderem Ablasshandel mit Geistlichen, spendeten für wohltätige Zwecke oder investierten in das Kloster. Gegen Geld wurden sie dann quasi von ihren Sünden freigesprochen, so dass sie trotz aller Vergehen noch eine Chance auf den Eintritt ins Himmelsreich hatten. Zur Seelenrettung floss auch viel Geld in das Lübecker Burgkloster, welches dadurch über große Räume und ein prachtvolles Interieur verfügt.
Wir werden gleich zum Burgkloster hinaufsteigen und uns dort näher mit den Geistlichen zur Hansezeit auseinandersetzen. Bis es soweit ist, können wir uns zunächst noch mittels einer Schautafel mit der damaligen Furcht vor dem falschen Weg der Seele nach dem Eintritt des Todes beschäftigen.
Weg der Seele – Fegefeuer oder Himmel
Hierauf erfahren wir, dass – nach damaliger Auffassung – im Zuge des Richtens durch Gott über die menschliche Seele nur die wirklich reinen, arglosen Gemüter nach dem Sterben in den Himmel einfahren. Sollten leichtere Verfehlungen stattgefunden haben, so gilt es für diese Sünden im Partikulargericht – auch als Fegefeuer bekannt – dafür zu büßen.
Sollte man sich dort bewähren, hat man die Chance, nachträglich doch noch in den Himmel aufzusteigen. Anders sieht es aus, wenn ein grundlegend sündiger Mensch verstirbt: Er hat seine Seele derart mit Schlechtem verschandelt, dass er unwiderruflich in die Hölle einfährt und dort ewige Qualen durchstehen muss.
Der Orden der Dominikaner
Dann erfahren wir mehr zu den Mönchen, die einst hier im Burgkloster gelebt und gewirkt haben: Demnach wurde der Bettelorden der Dominikaner bereits im 13. Jahrhundert gegründet. Von 1220 bis 1260 ließen sich die Mönche im Bereich der Hanse nieder. Ab 1229 fand die Besiedlung des Geländes des Burgklosters durch die Dominikanermönche statt.
Da Dominikanermönche nicht arbeiten dürfen, erzielen sie ihre Einnahmen durch Betteln bzw. Seelsorge. Zur letzteren gehört auch der Sündenerlass. Deshalb widmeten sich die Mönche insbesondere den reichen Kaufleuten und gewährten ihnen gegen die entsprechenden monetären Gegenleistungen Seelsorge und die Freisprechung von Sünden wie z.B. Gier, Geiz, sowie Hab- und Prunksucht.
Durch den Gefängnishof ins Burgkloster
Wir steigen nun zum Burgkloster auf. Nach einem Treppenaufstieg gelangen wir in den sogenannten Gefängnishof. Ende des 20. Jahrhunderts wurden große Teile des Klosters zerstört und in ein Gerichts- und Gefängniskomplex umgewandelt. Im Obergeschoss des ehemaligen Klosters entstanden 25 Einzelzellen. Darüber hinaus bestimmte ein Schöffengerichtshof über die Schicksale der Angeklagten.
André erzählt uns, dass hier oben die Zeit vom 14. bis ins 19. bzw. 20. Jahrhundert in einem vereint ist. Dies sieht man direkt auf dem Außengelände: Hier sind einzelne, modern anmutende weiße Mauerstücke mitten in das rustikale Urgemäuer eingelassen. Diese kontrastartige Bauweise ist ein Hingucker und macht einmal mehr deutlich, dass das Europäische Hansemuseum sehr bewusst auf die Verwebung von Alt und Neu setzt.
Einkehr ins Burgkloster
Dann kehren wir ins Kloster ein: Von innen bieten große, rundbogige Türen einen vergitterten Blick nach draußen auf die Außenanlage. Kurz darauf stehen wir in den heiligen Hallen des Burgklosters. Das Innere des Gebäudes setzt sich ganz klar vom zuvor durchlaufenen Neubau des Hansemuseums ab. Im Burgkloster wurde auf moderne Elemente größtenteils verzichtet. Stattdessen setzte man darauf, das alte Interieur möglichst zu erhalten. Weitläufige Hallen mit vielen Säulen und bogenförmigen Deckenabschlüssen zeugen vom gotischen Baustil des Burgklosters.
Manche Böden sind kunstvoll als Mosaik gelegt. Auch an einer im Burgkloster vorzufindenden Statue eines Dominikanermönchs sieht man sehr gut, dass man hier darauf bedacht war, möglichst wenig zu verändern und originale Zustände zu erhalten: Die Figur stand einst in der ehemaligen Kirche des Klosters und ist aufgrund der vielen Jahrhunderte leicht beschädigt. Im Gesicht weist sie Materialschäden auf. Was aber noch viel markanter ist, sind ihre Hände, denn diese fehlen, mitsamt den Unterarmen. Wir gehen weiter und bewundern kunstvolle Wandmalereien.
Kunstvolle bunte Glasmalereien
Sehr markant sind auch die bunten Glasmalereien, vor denen wir schließlich stehen: Vor modern gehaltener weißer Kachelwand sehen wir darauf sakrale Szenen. Nimmt hier ein Mönch einem Sterbenden vor dem Dahinscheiden die Sünden ab? Handelt es sich bei dem Siechenden womöglich um einen Kaufmann der Hanse? Mehrere Glasmalereien dieser Art gibt es hier zu bewundern.
Es handelt sich dabei um die ehemaligen Fensterscheiben der Burgkirche die in die 19. Jahrhunderte aufgrund statischer Probleme leider abgerissen werden musste. Natürlich sind auch hier oben im Burgkloster immer wieder Panels mit Zusatzinformationen zu finden. Wir können uns durch zahlreiche Texte lesen und uns via Audio (in vier Sprachen!) über die Zusammenhänge von Gezeigtem und Geschichte informieren.
Kreuzgratgewölbe mit Kreuzgang-Innenhof
André führt uns durch den Kreuzgang. Hier liegt auch der Klostergarten. . Hier würden immer wieder Gartenkonzerte gefeiert. Auch habe André in der langen Halle bereits die 875-Jahre-Ausstellung machen können. Außerdem sei über das Burgkloster kürzlich ein Museumsführer vom Deutschen Kunstverlag erschienen.
Die Zeit der Hanse geht dem Ende zu – unsere Führung leider auch
Dann spüren wir, dass unsere Tour langsam ihrem Ende zugeht, denn im nächsten Raum steht ein auffällig langer Tisch. Bei dieser Inszenierung stehe der letzte Hansetag im Jahre 1669 im Fokus. Neun Städte seien dazu noch eingeladen worden, nur sechs seien tatsächlich erschienen, drei ließen sich vertreten. Danach entschied man sich dazu, keine weiteren Hansetage zu machen.
Gründung in Niedergang der Hanse
Anschließend spricht André einige Gründe für das Ende der Hanse an: Demnach sei unter anderem die Reformation mitsamt ihren daraus resultierenden unterschiedlichen Konfessionen, die zu innerfamiliären bzw. wirtschaftlichen Zerwürfnissen führten, eine Ursache für das Ende gewesen.
Als weitere Gründe nennt er den 30-jährigen Krieg, der zu Absatzschwierigkeiten führte, die Wiedererstarkung der Fürstentümer, die Entzweiungen der verschiedenen Verbundstädte nach sich zog, sowie die Eroberung neuer Handelsgebiete wie z.B. Amerika und Indien.
Die hansischen Kaufleute hätten irgendwann einfach nicht mehr zu den Global Playern gehört.
Im nächsten Raum stehen drei Stühle. André erklärt uns, dass diese für die Städte Bremen, Lübeck und Hamburg stünden. Diese seien am Prägnantesten mit der Tradition der Hanse bis in die Neuzeit hinein verknüpft. Die drei hätten sich letztlich auch hauptsächlich um den Verkauf der hansischen Kontore im Ausland gekümmert.
Ein letzter Abstecher in ein Kontor in Bergen
Nun erreichen wir die letzte große Station der Dauerausstellung: die Nachstellung des Kontors im norwegischen Bergen im Jahr 1774. Dieser wurde im selben Jahr als einer der letzten hansischen Außenstationen aufgelöst. Bergen galt insbesondere im Mittelalter als Hochburg für den Export von getrocknetem Dorsch bzw. Kabeljau am Stock, der vor den Lofoten gefangen worden war. Hierzu hält der Raum noch weitere Informationsmöglichkeiten bereit.
Eintauchen in frühere Epochen Lübecks
Wir gehen ein paar Schritte und stehen mittendrin im hansischen Auflösungsprozess. Dank der eindrucksvollen Szenerie können wir uns in frühere Epochen einfühlen, unter anderem in jene Zeit, als die Kaufleute sowie deren Nachkommen sich entscheiden mussten, wie es nach der glanzvollen Hansezeit mit ihrem Leben weiterging.
Dann kommen wir an einem Gebilde vorbei, das zwei Kojenkammern darstellt. Hier erlangen wir Eindrücke davon, wie ein Geselle mit zwei seiner Lehrlinge zu nächtigen pflegte: Der Geselle schlief in der größeren Koje, die Lehrlinge in der kleineren. Die Trennwand der Räumlichkeiten barg eine Luke, die der Höhergestellte für Zurechtweisungen nutzen konnte.
Düstere Zeiten im Burgkloster
Im 1. OG unseres Burgklosters geht die Dauerausstellung „Die Hanse“ zu Ende, außerdem zeigen wir hier das Hanselabor. Das Burgkloster mit seinen historischen Räumlichkeiten im Erdgeschoss sowie den noch erhaltenen Gerichtsräumen und Gefängniszellen sind Teil unseres Museums, gehören aber nicht zur Dauerausstellung. Deshalb diesen Teil, wenn überhaupt, im Abschnitt über das Burgkloster erwähnen.
Abschluss im Hanselabor
Zu guter Letzt kehren wir gemeinsam ins Hanselabor ein. Hier können wir die Führung in Ruhe ausklingen und die Rezeptionsgeschichte auf uns wirken lassen. Zudem erfahren wir, dass im Museum auch eine reichhaltige Bibliothek mit einer Vielzahl von Spezialbüchern zum Thema Hanse vertreten ist. Wer tiefer in die Details der Hanse eintauchen will, kann hier weitergehende Nachforschungen anstellen.
Allerdings sei es notwendig, seine Wünsche anzumelden, damit das entsprechende Buch bereitgelegt werden könne. In diesem Zusammenhang rät unser Guide ebenfalls dazu, sich auch für Führungen stets vormerken zu lassen. Denn wenn man in eine Zeit gerate, in der gerade besonders viel los sei, könne es sonst durchaus mal vorkommen, dass man nicht zum Zuge käme.
André erzählt uns, dass das Hanselabor in dieser Form nicht mehr lange bestehen wird, sondern in die Sonderausstellung „Störtebeker & Konsorten – Piraten der Hansezeit?“ umgeändert wird. Dort können sich die Besucher dann über Piraten der Hansezeit näher informieren.
Die hier vorzufindenden Hansebilder würden aber weiterhin gezeigt werden, da sie eine wichtige Bedeutung hätten. Sie thematisierten die während des 19. und 20. Jahrhunderts aufgekommene Verklärung der Hansezeit bzw. des Begriffes „Hanse“, der durch die Zeit des Nationalsozialismus zudem falsch propagiert worden sei.
André führt weiter aus, dass nicht alles, was mit dem Wort „Hanse“ geschmückt sei, auch automatisch etwas mit aufrichtiger Handelsgroßartigkeit zu tun habe, auch wenn heutzutage zum Beispiel viele Handwerksfirmen oder gar berühmte Transportunternehmen sich mit diesem Begriff zieren würden. Vielmehr seien die damaligen Händler vor allem an Profit interessiert gewesen.
Darstellung eines Reichen Kaufamanns
Wir werfen einen Blick auf eine Figur inmitten der Hansebilder und erblicken den Inbegriff der Hansezeit – einen reichen Kaufmann mit Ringen an den Fingern und einem prall gefüllten Geldsack vorm Leib. Er ist gehüllt in feine Stoffe und wird gewärmt von einem teuren Pelz. Seine Haltung ist erhaben, sein Blick schweift stolz in die Ferne, so als wäre er schon wieder bereit, neue Handelsufer zu erobern und weiteren Profit zu erwirtschaften.
Auf unserer ausklingenden Tour können wir auch noch einen kurzen Blick in den Schöffengerichtssaal erhaschen. Uns fasziniert, was André dazu erzählt: Diese Räumlichkeit habe man genauso erhalten können, wie sie einst gebaut worden sei.
Zum Ende seiner Führung erzählt uns André noch, dass er dieses Jahr die Wanderausstellung „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ hier in den alten Wartesaal des Gerichts holen werde. Dabei handle es sich um eine Präsentation der Gedenkstätte „Deutscher Widerstand“ in Berlin. Derzeit seien im alten Wartesaal noch Informationen zum Burgkloster zu finden – die würden dann weichen.
Vereinigung zu Zeiten der Weimarer Republik
Die Ausstellung „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ thematisiert eine Vereinigung zu Zeiten der Weimarer Republik, die sich für die Demokratie und gegen Hitler engagierte. Die Vereinigung hatte in ihren Hochzeiten bis zu drei Millionen Mitglieder und wurde später, nach dessen Wahl zum Reichskanzler, von Hitler verboten. Anschließend hat er die Mitglieder verfolgen und inhaftieren lassen.
Das Thema sei, so André, aktuell wieder wichtig Außerdem passe die Ausstellung gut zur Umgebung mit dem Gericht und dem Gefängnis. Zudem könne man den Ort sowie die Geschichte damit aktuell halten.
Abschluss der Führung im europäische Hansemuseum
Zum Abschluss unserer Führung bitten wir André darum, mit eigenen Worten zusammenzufassen, warum man das Europäische Hansemuseum besuchen sollte. Er antwortet darauf (wie aus der Pistole geschossen), dass das Haus ein modernes, spannendes, europäisch ausgerichtetes Museum sei, das einen wunderbaren Einblick in die Geschichte der Hanse und des Mittelalters liefere.
Dann bitten wir ihn noch um ein paar letzte Worte. Daraufhin legt er nochmal so richtig los: Das Museum sei nicht einfach nur ein Museum, sondern ein ganzes Museumsareal – oder vielmehr ein Museumsquartier.
Café „Fräulein Brömse“
Hier könne man sich sowohl im Café „Fräulein Brömse“, das über einen eigenen Konditor verfüge, als auch im Restaurant „NORD“ verköstigen lassen. Zudem habe man auch mietbare Veranstaltungsräume für Hochzeiten, Taufen und andere Feieranlässe zu bieten. Ferner sind für ihn auch die vielseitige Forschungsstelle, die europäische Ausrichtung mit internationalen Kooperationen und Sonderausstellungen, der regelmäßig hier stattfindende LN-Hansetalk sowie die Dachterrasse, die insbesondere im Sommer ihren Charme entfalte, eine Erwähnung wert.
Unsere Tour durchs Europäische Hansemuseum endet hier. Wir haben die gesamte Geschichte der Hanse durchlaufen und wissen nun mehr über ihre Anfänge, ihre Höhen, ihre Tiefen und ihren Niedergang.
Wir verabschieden uns von unserem Guide André Dubisch und danken ihm für die ebenso spannende wie informative Führung.
Ein spannender Rundgang ist zu Ende – eine kurze Rekapitulation
Es bleibt zusammenzufassen, dass die Dauerausstellung in Lübecks Europäischem Hansemuseum allein schon aufgrund ihrer eindrucksvollen Abfolge von szenischen Erlebniswelten und musealen Kabinetten einen prägnanten Besuch ermöglicht.
Bereits die Ausgrabung ermöglicht es uns als Besucher, zu einem Teil der Historie zu werden. Imposante Belichtungseffekte verstärken diesen Eindruck und fokussieren die Augen auf das Wesentliche. Dadurch ist es unvermeidlich, dass zwischenzeitlich immer mal wieder eine etwas düstere Atmosphäre entsteht. Diese allerdings passt relativ gut zu manch düsterem Kapitel des Mittelalters wie der desaströsen Pestepidemie.
Licht ins Dunkel bringen
Licht ins Dunkel bringen spätestens die hell erleuchteten Kabinette, in denen man in aller Ruhe in eine Flut von Fakten eintauchen und sich von der Wirkung der Exponate faszinieren lassen kann. Dass es sich bei den Ausstellungsstücken vielfach „nur“ um Faksimiles handelt, ist dabei eher zweitrangig – auch wenn es sich nicht um Originale handelt, tragen die Nachahmungen dazu bei, dass sich der Besucher in vergangene Zeiten einfühlen und so auch ein besseres Verständnis für die vergangenen Epochen entwickeln kann.
Je nachdem wie viel Zeit und Interesse man mitbringt, bekommt man aufgrund der vielfältigen und tiefgehenden Informationsmittel jedenfalls reichlich Gelegenheit, seinen Wissenshunger zu stillen.
Besondere Atmosphäre im Europäischen Hansemuseum
Atmosphärisch ist das Museum raffiniert aufgebaut: Die recht lauten Erlebniswelten sprechen sämtliche Sinne an und ziehen den Besucher emotional in die Geschichte hinein; die stillen Kabinette tragen dazu bei, dass die Sinne sich wieder etwas erholen können. In den Kabinetten lassen sich zudem in aller Ruhe Vasen, Waffen, Urkunden und andere Ausstellungsstücke besichtigen – bevor es in die nächste aufregende Szene geht.
In der Tat kann die Dauerausstellung trotz ihrer enormen Faktenfülle nicht jedes Detail der langen Geschichte der Hanse abdecken. Deshalb setzt sie ganz bewusst Themenschwerpunkte und konzentriert sich unter anderem auf Lübeck sowie die vier europäischen Hansekontore in Nowgorod, Brügge, London und Bergen.
Je mehr Zeit und Engagement man in das Museum mitbringt, desto tiefer kann man sich zu den Einzelheiten der verschiedenen Themenkomplexe informieren. Jedoch: Um so viel Wissen wie nur möglich von der Dauerausstellung im Europäischen Hansemuseum mitzunehmen, müsste man wohl ein paar Mal wiederkommen – was sicherlich keine schlechte Idee ist.
Weitere verwendete Quellen:
- https://www.hansemuseum.eu/language/de/
- http://www.ln-online.de/Lokales/Luebeck/114.000-Besucher-im-Hansemuseum
- https://www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/rezausstellungen-239
- https://www.luebeck-tourismus.de/erkunden/sehenswuerdigkeiten/burgkloster-burgtor.html
- https://www.kunst-im-oeffentlichen-raum-luebeck.de/kunstwerkedetails/rathaus-beischlagwangen.html
- https://www.luebeck.de/de/stadtleben/tourismus/luebeck/geschichte/luebeck-als-koenigin-der-hanse.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4isches_Hansemuseum
- https://de.wikipedia.org/wiki/Burgkloster_(Lübeck)
- https://de.wikipedia.org/wiki/Hanserezess
Das Europäische Hansemuseum, ein Artikel finanziert durch „Wir sind Lübeck“
Dieser Artikel wurde durch „Wir sind Lübeck“ erstellt und finanziert. Die Bilder stammen von André Leisner und Co-Fotograf Olli Zimtstern. Alles in allem hat die Erstellung dieses Artikels ca. 60 Arbeitsstunden in Anspruch genommen. Und ca. 2.500 Euro gekostet.
Wofür dieser Aufwand?
Lübeck hat viel Schönes zu bieten, aber ein Großteil ist schwer bis gar nicht im Internet zu finden. Dieser Artikel soll Lübeck-Interessierten einen umfassenden Einblick gewähren, was es im Europäischen Hansemuseum zu sehen gibt.
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